Gespeichert von root am Fr., 27.09.2013 - 12:21
HÄUSELSTEIN – Alle Jahre wieder im September belebt sich die Skyline der Wiesen um Häuselstein. Das Windrad und das Wasserhäuschen bekommen Gesellschaft. Riesige Antennenmasten, an denen jeweils mehrere Antennen übereinander montiert sind, ragen in den Himmel. Der europaweite UKW-Amateurfunk Wettbewerb IARU Region 1 VHF findet statt. Rund 1000 Teilnehmer in ganz Europa messen sich im Sportfunken um Punkte.
 
Häuselstein, malerisch auf der Höhe im Dreieck Stöckelsberg-Eismannsberg-Deinschwang gelegen, sei der ideale Standort für den Amateurfunk der Region, so die übereinstimmende Meinung der begeisterten Sportfunker vor Ort. Denn die freie, weite Landschaft, 600 Meter über dem Meeresspiegel, entlasse Funksignale nahezu ungehindert in den Äther.Romantischer Blick Sept 2013
Ganz romantisch im Sonnenuntergang stehen die Wohnwagen und die Funkmasten auf der Anhöhe. Foto: DD0VS
 
Seit über 25 Jahren nun schon gibt es den Funkstandort Häuselstein. Das Wettbewerbsteam mit dem Namen „Contestgruppe Süd-Ost“ besteht aus sechs Mitgliedern. „Wir haben uns so genannt, weil wir aus verschiedenen Städten von Landshut, München, Hilpoltstein, Ansbach bis Lauf und Erlangen kommen und dementsprechend verschiedenen Amateurfunk-Ortsverbänden angehören“, erklärt Alex Mühlbauer, seines Zeichens Lehrer für evangelische Religion aus Landshut. „In dieser Konstellation gibt es uns nun schon seit 2004“, ergänzt Harald Fritzsche, gebürtiger Dresdener, der inzwischen seit sieben Jahren in Lauf wohnt und im bürgerlichen Beruf Diplom-Ingenieur ist.
 
„Allerdings existiert die Gruppe seit 2012 unter neuem Rufzeichen, DQ7A gibt es erst seit etwa eineinhalb Jahren“, legt Fritzsche nach und schmunzelt. „DQ7A ist der Funkname, das Rufzeichen unserer Gruppe“ erklärt er weiter. „Die Rufzeichen werden von einer staatlichen Behörde, der Bundesnetzagentur Deutschland, vergeben. Jedes Rufzeichen ist einmalig auf der Welt. Auch jeder einzelne Amateurfunker innerhalb des Teams hat sein eigenes Rufzeichen.“
 
Wolfgang DJ7AT am Funkgerät
Wolfgang DJ7AT am Funkgerät Foto: DD0VS
 
Während Fritzsche einen duftenden Kaffee rüberschiebt, kommentiert er gleichzeitig für die anderen gut gelaunt die eingehenden Funksignale. „Oh, Korsika, nicht schlecht!“ Der vierte Mann, Wolfgang Müller, inzwischen Rentner, seit 1961 leidenschaftlicher Amateurfunker, hat ein Headset auf, seine Finger fliegen über die Computertastatur, er spricht schnell ins Mikrophon, um seine Funksprüche, bestehend aus Rufzeichen der Gruppe sowie Standort und vielleicht noch ein kleines „good luck“ oder „ciao“ on air zu schicken.
 
Auch der Funkstandort wird durch eine Buchstaben-Zahlenkombination angegeben; da lange geographische Namen auf diese Weise vermieden werden, kann die Funk-Kommunikation schneller abgewickelt werden und die Wettbewerbsteilnehmer unterliegen faireren Chancen. Der Standort Häuselstein ist ein Quadrat von drei mal drei Metern und hat die Bezeichnung JN59RJ.
 
Einteilung der Welt
 
„Übrigens ist die ganze Welt in solche oder ähnlich kleine Felder eingeteilt und mit Buchstaben-Zahlenkombinationen versehen, damit man die Entfernungen von Funkstation zu Funkstation messen kann. Gemessen wird von Mittelpunkt zu Mittelpunkt der Felder“, so Mühlbauer. „Auch die Einteilung in Länder ist unter Funkern eine andere“, erzählen sie im Wechsel, „da zählt zum Beispiel Korsika als eigenes Land.“
 
Gemeinsam gehen sie an diesem ersten Wochenende im September auf Funkjagd um Verbindungen und Kilometer. Los geht es am Samstagvormittag mit dem Aufbau der beiden Antennenmasten und der Montage der insgesamt sieben Antennen. Die Teilnehmer haben alle ein Amateurfunk-Lizenz, korrekt heißt das „Zulassung zur Teilnahme am Amateurfunkdienst“ und sind berechtigt, die Geräte und Antennen selbst zu entwickeln und zu bauen. „Einige tausend Euro stehen hier aufgebaut auf der Wiese“ sagt Mühlbauer voller Stolz. „Und es kann immer noch weiter wachsen.“
 
Eigener Stromgenerator
 
Computer, Funkgeräte und anderes Equipment befinden sich in dem kleinen Wohnwagen neben den Masten, des Weiteren gibt es einen Stromgenerator unter dem Wohnwagen, da sich weit und breit kein Stromanschluss befindet. Man könnte es fast wild romantisch nennen, denn im Wohnwagen spielt sich alles ab, es wird gefunkt, erzählt, Kaffee getrunken und die Mahlzeiten eingenommen. Und das in herrlicher Landschaft auf einer schönen Wiese. „Wir haben hier einen guten Draht zu dem Bauern, dem die Wiese gehört“, freut sich Thomas Ebert, die andern nicken bestätigend. „Mancher reine Hobbyfunker würde sich einen Spaß daraus machen und einfach ein bisschen rumfunken und ansonsten den Grill anwerfen“ meinen sie und heben noch einmal den Unterschied zwischen Hobby-und Amateurfunk hervor. „Wir nicht! Der Wettbewerb ist die Hauptsache.“
 
Es geht darum, im vorgegebenen Zeitraum, hier beim UKW-Contest 24 Stunden lang, so viele Funkverbindungen wie möglich herzustellen, wobei der Kontakt zur Gegenfunkstelle nur einmal zählt, falls er mehrmals zustande kommt. Wichtig hierbei sind die überbrückten Entfernungen, jeder km bedeutet einen Punkt. Die Summe der Punkte ist entscheidend für die Platzierung.
 
Gefunkt wird ab Samstag 16 bis Sonntag 16 jeweils Ortszeit rund um die Uhr, an anderen Orten Europas entsprechend früher oder später, je nach Lage zum Nullmeridian bei Greenwich.
 
Die Mannschaft muss sich beim Funken ablösen, da es schon tagsüber viel Konzentration verlangt, immer unter Kopfhörern hintereinander die Funksprüche zu empfangen und zu bestätigen. Wer nachts gefunkt hat, darf sich tags im Schlafsack einrollen. Da befindet sich zurzeit das fünfte Team-Mitglied, Dr. Pit Schmidt, Doktor der Physik aus München.
 
Es ist spannend zu beobachten, in welcher Geschwindigkeit Funksignale hereinkommen und noch spannender, woher sie kommen. Manchmal ganz klar, dann wieder so verrauscht, dass man eher ahnt, als hört, was gefunkt wird. Spannend auch: Antenne drehen, suchen, warten, empfangen. Ein Funkspruch aus Sardinien! Über neunhundert km, genau 984 Kilometer, das sind 984 Punkte. Jeah! So kann es weitergehen. Der Durchschnitt der Verbindungsentfernungen liegt ungefähr bei 350 Kilometern. Die Verbindung nach Sardinien ist die weiteste für DQ7A im diesjährigen Wettbewerb.
 
Inzwischen ist der Contest beendet, erste Vorabergebnisse lassen sich ablesen. Die Contestgruppe Süd-Ost hat insgesamt 223.077 Punkte erfunkt, hat 634 Verbindungen zu anderen Funkstellen hergestellt und 20 Amateurfunk-Länder erreicht.
 
Die endgültige Deutschlandwertung wird Anfang Oktober vorliegen, die Europawertung erst Anfang nächsten Jahres.
 
Annett Mock
 
Die Seite der Funker im Netz: www.dq7a.de
(Mit freundlicher Genehmigung durch "Der Bote" Verlag Nürnberger Land)